Schollach und die Schwarzwalduhr

Während der Zeit von ca. 1715 bis zum ersten Weltkrieg spielte die Uhrmacherei und der Uhrenhandel für Schollach eine wichtige Rolle. Zum einen wurden in Schollach die ersten Schwarzwalduhren gewerbsmäßig hergestellt, zum anderen stammen viele Uhrenhändler, welche in ganz Europa unterwegs waren, aus dieser Gemeinde.Besonders nachhaltig auf Schollach wirkte sich das Entstehen und Aufblühen der Uhrenherstellung im 18. Jahrhundert aus. Wendig und findig wie die Bewohner schon immer waren, stellten sie sich, um der Not zu entgehen, schnell auf wirtschaftliche und technische Entwicklungen ein. Die langen Winterabende waren dazu angetan, etwas zu basteln oder auszutüfteln. Manch gute Idee entstand, die mit handwerklichem Können verwirklicht wurde. So kam es, daß Schollach zur "Heimat der mechanischen Uhr" wurde. Angefangen hatte es mit einem Glaswarenhausierer, der von einem böhmischen Glashändler in den achtziger Jahren des 17. Jahrhunderts eine hölzerne Uhr gekauft und mit nach Hause genommen hatte. Tüftler aus mehreren Schwarzwaldorten versuchten mit Erfolg, diese Uhr nachzuahmen.

Besonders beschäftigte sich mit der Anfertigung und Weiterentwicklung hölzerner Uhren Simon Dilger aus Schollach (geboren 1672). Er gab seine Erfahrungen weiter an Söhne und Lehrlinge. Diesen Umstand machten sich vorallerm junge Schollacher zunutze die dem Erbrecht zufolge nicht mehr - oder nur als Knecht beim Bruder - in der Landwirtschaft arbeiten konnten. Schon l740 zählte man an den verschiedensten Orten des Schwarzwaldes 31 selbständige Uhrmacher. Auch in Schollach gab es bereits im 18. Jahr hundert kaum ein Haus, indem nicht irgendeine mit der Uhrenherstellung verbundene Tätigkeit ausgeübt wurde. Berufe wie Schildbrettmacher, Schildermaler und Gestellmacher waren gang und gäbe. Die größten Uhrmacherwerkstätten befanden sich auf dem Kuhbauernhof und dem Ölerhof, für die die übrigen kleineren Betriebe und viele Familien Uhrenbestandteile und fertige Produkte herstellten. Auf dem Ölerhof wurden auch die ersten massiven Uhrentriebe und Uhren angefertigt. Außerdem wurden dort Uhrenglocken gegossen und Werkzeuge sowie Maschinen für die Uhrmacherei hergestellt, die auch in kleinen Heimwerkstätten benutzt werden konnten. Ein besonderer Meister seines Fachs war Johann Tritschier, Olerhannesle genannt. In eigener Konstruktion stellte er eine Bohrmaschine her, mit der alle zur Verzahnung benötigten Teile gefertigt werden konnten. Familiäre Verhältnisse auf dem Öhlerhof führten zum Stillstand der Triebmacherei. Sie ging später an johann Morat über, den Gründer der Firma Johann Morat und Söhne in Eisenbach und bildete damals eine wertvolle Grundlage für den Betreibsaufbau.

 

Älteste bekannte Zeitungsanzeige zum Verkauf von Schwarzwalduhren(1765) aus Norwich England von einem Simon Langanbaker (anglisiert). Es wird vermutet, dass es sich um den 1735 geborenen Simon Langenbacher vom Schollacher Altenvogtshof handelt. 1765 befand er sich im Gasthaus "Rose & Crown" in der wohlhabenden englischen Stadt Norwich. Neben den gewöhnlichen hölzernen Uhren und Weckern werden bereits zu diesem frühen Zeitpunkt in seiner Zeitungsanzeige Kuckucksuhren als Blickfang benutzt.Quelle: Norfolk Country Libray & Information Service.

 

 

Als Pater Steyrer von St. Peter 1796 die erste Geschichte der Schwarzwälder Uhrmacherei verfasste, lagen die Anfänge der Schollacher Uhrmacherei und des Uhrenhandels schon eine Generation zurück. Bereits zum damaligen Zeitpunkt klagte der Pater über Schwierigkeiten, vollständige Auskünfte von manchen Stellen zu bekommen, sodass seine Darstellung nicht seinem Anspruch auf Vollständigkeit gerecht werden konnte.

Die Geschichte der Uhrmacherei als kommerzielle Tätigkeit beginnt für Schollach und für den Schwarzwald im Allgemeinen, mit ihrer Wiederentdeckung. Nach der Beendigung des spanischen Erbfolgekrieges im Jahre 1714 war es notwendig, wieder einen örtlichen Lebensunterhalt aufzubauen. Steyrer und Jäck erzählen uns im Besonderen von zwei herausragenden Uhrmachern. Dies waren, der um 1672 in Schollach geborene Simon Dilger und Franz Ketterer von Schönwald, in deren Werkstätten ab 1720 die nächste Uhrmachergeneration geschult wurde. Trotz der räumlichen Entfernung von Schönwald, sind beide Männer für die Frühzeit der Schollacher Uhrmacherei relevant. Mehrere ihrer Schüler etablierten sich innerhalb eines kleinen Umkreises um das Gasthaus Kalte Herberge, das an der damaligen Hauptstraße Freiburg-Villingen, als Treffpunkt für die frühen Uhrmacher von Neukirch, Urach, Schollach, Waldau, Hinterstraß und darüber hinaus, günstig lag.

Um 1720 zog Simon Dilger mit seiner Familie vom Schollacher Steigdeibisenhäusle ins Langhüsle des Unterroturacherhofes um, das auf der Uracher Seite der Gemeindegrenze vom Oberengenbacherhof lag. Dort richtete er seine Werkstatt ein. Sein Sohn Friedrich Dilger machte um 1730 eine Reise nach Paris. Nach einem Jahr kehrte er, mit neuen Kenntnissen und vielen technischen Verbesserungen aus den Werkstätten der Uhrmachermeister der französischen Hauptstadt, zurück.

Während der 1740er und -50er Jahre unternahmen weitere Schwarzwälder Erkundungsreisen ins Ausland. Dabei entdeckten sie schnell das Gewinnpotenzial im Auslandsgeschäft. Danach wollten pfiffige Bauernsöhne in immer größerer Zahl ein Vermögen in der Fremde verdienen, entsprechend nahm die Uhrenproduktion rasch zu. Um 1750, wie von Jäck erzählt, fuhren Martin Winterhalder und Andreas Bärmann von Urach nach London und kamen mit nützlichen Werkzeugen und stählernen Feilen zurück. Ob die beiden Männer aus Schollach waren, können wir nicht mehr feststellen, da die Uracher Kirchenbücher von 1706 bis 1743 fehlen (diese hätten auch die Schollacher Einträge enthalten).

Entnommen aus der Ortschronik "Schala - Schola - Schollach"Autor dieses Kapitels: Richard Constable, London.


Nachfolgend einige Texte über die Schollacher Uhrmacherei:

 

Simon und Friedrich Dilger, die Lehrmeister der Schwarzwälder Uhrmacher.

Von Dr. Löffler, Freiburg i. Br. Im Schwarzwald soll die erste Uhr von der Familie Kreuz auf der Redeck, einem einsam gelegenen Häuschen in der Nähe des Glashofes bei Waldau gemacht worden sein. Das war jedoch nur ein Versuch, eine Uhr herzustellen. Die Familie Kreuz betrieb also die Uhrmacherei keineswegs als Gewerbe. Das war in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Ein genaues Datum konnte bis jetzt niemand feststellen. Die kleinen Anfänge, im Schwarzwald Uhren herzustellen und damit ein Gewerbe zu begründen wurden damals durch kriegerische Ereignisse zunichte gemacht. Nach dem Rijswijker Frieden von 1713 wurde aber die Uhrmacherei wieder aufgenommen und tatsächlich zum Gewerbe entwickelt. Wohl einer der ersten Uhrmacher des Schwarzwaldes, der die Uhrmacherei nicht etwa als Nebenbeschäftigung, sondern als Gewerbe betrieb, war Simon Dilger. Er wurde im Jahre 1671 in Schollach, einer dünn besiedelten Hochtalgemeinde im Bezirk Neustadt geboren. In der Jugend erlernte er das Drechslerhandwerk und wurde Häusler, d. h. er bewohnte ein zu einem Bauernhof im Zinken Engenbach gehöriges Häuschen, das man das "Steigdeibissenhisle" nannte. Im Jahre 1720 zog er nach der benachbarten Gemeinde Urach, wo er in einem zum untern Roturacher Hof gehörigen Häuschen Wohnung nahm. Die Roturacher Höhe liegen in der Nähe der Kalten Herberge, von der schon der Pater Steyer in seinem 1795 erschienen Büchlein der Schwarzwälder Uhrmacherkunst sagt, daß die Uhrmacherei fünf Stunden im Umkreis der Kalten Herberge verbreitet sei. Diese war auch tatsächlich lange der Mittelpunkt der Uhrmacher. Sie kamen dort in patriarchalischer Weise zusammen und tauschten Gedanken über Verbesserungen der Uhren sowie der Werkzeuge zur Uhrmacherei aus. Dort war gewissermaßen eine Uhrmacherschule. Lange Zeit unterhielten auch die Uhrmacher auf der Kalten Herberge einen Stapelplatz für Uhren. Simon Dilger begann also, nachdem er in Urach wohnte, mit der Herstellung von hölzernen Waaguhren für den Verkauf.
In jener Zeit tauchten natürlich auch noch Uhrmacher auf, die aus erfinderischer Lust nur die eine oder andere Uhr für den eigenen Bedarf herstellten. Da Simon Dilger bald ein berühmter Uhrmacher war, so kamen viele wißbegierige Männer zu ihm, um das neue Handwerk zu erlernen. So wurde er der Lehrmeister der Uhrmacherei in jener Gegend. Zu seinen Schülern gehörten u. a. auch Anton Ketterer, der in Schönwald die ersten Kuckucksuhren machte. Ferner vermutlich auch Matthäus Hummel, der Jägersteiger. Dann war vor allem sein Sohn Friedrich Dilger sein Lehrling. Dieser wurde am 27. Februar 1712 geboren, dürfte also etwa im Jahre 1725 Uhrmacherlehrling geworden sein, zu jener Zeit, da die Uhrmacherei wieder erstand. Eben dieser Sohn Friedrich Dilger entwickelte sich im Geschäft seines Vaters zu einem würdigen Mitarbeiter und späteren Nachfolger. Er war ein Künstlertalent, der kaum ein mit der Uhrmacherei zusammenhängendes Problem unversucht ließ. Neben der Kunst, Uhren herzustellen, verfertigte er die geschicktesten Schreiner und Glaserarbeiten. Er stellte eine Reihe der damals bekannten Musikinstrumente her und lernte diese von sich aus spielen. In seinen Jugendjahren machte er sich eines Tages mit einem Quantum Uhren auf nach Paris, wo er ein Jahr lang unter mancherlei Entbehrungen zubrachte. Um dort seinen Lebensunterhalt zu fristen, mußte er sich zu niederen Dienstleistungen bequemen, besuchte aber nebenbei fleißig die Werkstätten der Pariser Uhrmacher. Mit der größten Aufmerksamkeit schaute er den geschickten französischen Meistern zu. Er kehrte mit reichen Kenntnissen in sein einödiges Urach zurück. Er hatte sich in Paris einen modernen roten Rock gekauft, mit dem er nun stolz in Urach umherging. Der rote Rock setzte seine Landsleute in gebührliches Erstaunen, mehr aber noch waren es reiche Erkenntnisse, die sich der junge Wäldersohn in der Uhrmacherei erworben hatte. Er löste die schwierigsten Probleme in der Konstruktion von Uhren, machte solche mit Monats- und Jahresanzeige und stellte überhaupt sehr komplizierte Werke her. Mit Vorliebe brachte er an seinen Uhren bewegliche Figuren an. Auf einer seiner Uhren war eine Figur angebracht, welche auf den Druck einer Feder Feuer schlug und den Schwefelfaden anzündete.
Friedrich Dilger gehörte neben Matthäus Hummel zu den ersten Uhrmachern, die im Schlagwerk ihrer Uhren statt Glocken aus Glas solche aus Metall verwendeten. Es veranlaßte ihn dazu die Tatsache, daß die Glasglocken sehr leicht zerbrachen. Glasglöckchen stellten ja die Glashütten des Schwarzwaldes her. Dagegen gab es damals im Schwarzwald noch keine Metallgießerei. Friedrich Dilger erfuhr, daß in Solothurn (Schweiz) kleine Metallglöckchen hergestellt werden. Kurz entschlossen ergriff er wieder den Wanderstab, um die Schwarzwälder Uhrmacherei erneut zu fördern. Er reiste nämlich nach Solothurn und bestellte Metallglöckchen für Schlaguhren. Das war im Jahre 1740. Später bezog er die Metallglöckchen aus Nürnberg, weil sie dort viel billiger waren. Als aber im Jahre 1760 ein Paul Kreuz auf dem Hohlen Graben bei Waldau Glocken zu gießen begann, und zwar von außerordentlichem Wohlklang, so wurde dieser der Lieferant der Schwarzwälder Uhrmacher.
Viele Verdienste erwarb sich Simon Dilger um die Verbesserung der Werkzeuge für die Uhrmacherei. Er hatte sie ja auf der Wanderschaft kennengelernt und suchte nun diese nachzuahmen, was ihm auch durchweg gelang. Vor allem arbeitete er die Teilscheibe aus, über die er längere Zeit nachsann. Diese verbürgte erst die Präzision des Zähneschneidens und konnte für größere und kleinere Zahnungen eingestellt werden. Das Zahnen der Räder war bisher eine besonders schwierige und zeitraubende Arbeit gewesen, da jede Zahnung besonders ausgemessen werden mußte. Bevor man gute Werkzeuge hatte, brauchte man sechs Tage für die Herstellung einer einfachen Uhr. Nachdem die Werkzeuge durch Dilger verbessert und vervollständigt waren, benötigte man nur noch einen Tag, was natürlich einen gewaltigen Fortschritt bedeutete. Simon Dilger erlebte noch all die großen Fortschritte in der Schwarzwälder Uhrmacherei, die hauptsächlich seinem Sohne zu danken waren. Er starb erst am 4. Juni 1750 als 79jähriger Mann. Seine Lebensgefährtin hieß Anna Rißle. Friedrich Dilger verheiratete sich am 4. September 1735 mit einer Agnes Gfäll. Nach dem Tode dieser ging er mit einer Gertrud Grimm in eine neue Ehe ein. Dieser große Förderer der Schwarzwälder Uhrenmacherei starb am 18. September 1773, also erst 61 Jahre alt. Die Werkstätten der Dilger in Urach waren bedeutende Pflanzstätten für die Uhrmacherei im Hochschwarzwald. Viele Uhrmacher in der nähren und weiteren Umgebung von Urach haben hier ihre Lehrzeit verbracht, so vor allem jene in Eisenbach, Neustadt, Villingen und Umgebung, selbst die von Breitnau und vom Glottertal. Die Lehrlinge waren oft schon bejahrte Männer. Die meisten Dilgerschüler wurden Stammväter berühmter Uhrmacherfamilien, deren Nachkommen bis in die heutige Zeit hinein Uhrmacher geblieben sind. Die Not der Zeit machte es aber der jungen Generation unmöglich, den angestammten Beruf der Väter fortzusetzen. Die meisten Lehrlinge Friedrich Dilgers sprachen mit Bewunderung von ihrem geschätzten Meister.
Man erlaube mir zum Schluß humorvolle Begebenheit zu erzählen. Der Mühlenweber Johann Georg Weißer (geb. 1715) von St. Georgen i. Schw., der auch bei Friedrich Dilger die Uhrmacherei erlernte und diese in seiner Heimat verbreitete, erzählte einmal mit Begeisterung anderen Uhrmachern, daß sein Meister ein neues Kunstwerk zustande gebracht habe, das nebst den Stunden auch noch den Jahrestag anzeige, und zwar durch einen Zeiger, der im Jahr nur einmal herumgehe. Dazu bemerkte ein anderer Uhrmacher, der gern seine Späße trieb: "'s het si Not mit dere Erfindig große Lärm z'mache, i han scho Uhre g'macht, bi dene de Zeiger ´s ganz Johr nit a einzigmol rumgange isch!"

 

Schollach, eine Uhrmachergemeinde!

In Schollach wurde die Uhrmacherei einst so betrieben, daß nur noch wenige Häuser bestanden, in denen sich keine Uhrmacher betätigten. Dieser Erwerbszweig brachte einen gewissen Wohlstand in manche Familien. Schollach's größte Uhrmacherwerkstätten befanden sich auf dem Öhler und dem Kühbauernhof. Diese beiden Betriebe lieferten Uhren in die weite Welt, während die übrigen kleineren Beriebe Bestandteile aber auch fertige Uhren für dieselben machten. Die ersten massiven Uhrentriebe wurden auf dem Öhlerhof gefertigt. Sie wurden in Längen von 5-10 cm gezogen, und nach eigenem Verfahren gehärtet. Auch Maschinen für die Uhrenindustrie wurden hier gefertigt, welche sich großer Beliebtheit erfeuten. Familiäre Verhältnisse auf dem Öhlerhof brachten es mit sich, daß die Triebmacherei zum Stillstand kam. Sie ging an Johann Morath, den Gründer der Firma Joh. Morath & Söhne über (heute IMS Gear Eisenbach), und stellte damals eine wertvolle Grundlage für dessen Betriebsaufbau dar.

In eigener Herstellung stellte dazumal Johann Tritschler, im Volksmund als Öhlerhannisle bekannt, eine Bohrmaschine her, mit welcher alle zur Verzahnung benötigten Teilungen gefertigt werden konnten. Sie leistete bis vor wenigen Jahrzehnten, als man noch die Teilscheiben für die heute wohl veralteten Zahnmaschinen hatte, wertvolle Dienste. Eine Urkunde, verliehen von Großherzoglichen Badischen Ministerium des Inneren vom Jahre 1858, bestätigt die gute Qualität der in Schollach hergestellten Uhren. Viele Söhne aus unserer Heimatgemeinde zogen hinaus in die ferne Lande, und sorgten für den Absatz der heimischen Erzeugnisse. Absatzgebiete waerwn hauptsächlich Frankreich, England und Rußland. Die Uhrenhändler haben ein Stück Welt gesehen und durchwandert, um der schaffenden Heimat Geld zu bringen. Nicht immer waren sie vom Glück gesegnet, was auch der Erzeuger in der Heimat zu spüren bekam. Der Besitzer des Kuhbauernhofes ist durch deutsche Uhrenhändler, welche in Rußland unglücklich wurden, um seinen Hof gekommen.

In sehr bescheidener Behausung trieb er hernach die Uhrmacherei weiter, und konnte dank seiner Tüchtigkeit den Lebensabend noch angenehm verbringen. (Der letzte Satz wurde später ausgestrichen und durch -Er starb bald hernach- ersetzt. Anm. d. R.) Sein Sohn beschäftigte sich frischen Mutes als Heimarbeiter, und brachte es soweit, daß er sich Grund und Boden erwerben und ein neues Haus bauen konnte, in welchem er einen beachtlichen Kleinbetrieb eröffnete. Seine Arbeiten waren weit über die Grenzen der Heimat bekannt und geschätzt. Er starb im Jahre 1923, und hinterließ den Betrieb seine beiden Söhnen Karl und Augustin Kleiser, welche aber beide an den Folgen des ersten Weltkrieges frühzeitig verstarben, sodaß der Betrieb zum Stillstand kam. (Josef Tritschler, Ratschreiber von Schollach 1896-1972)


 

Desweiteren ist dem Buch "Das Großherzogtum Baden" aus dem Jahr 1852 über den Schwarzwälder Uhrenbau folgendes zu lesen:

Wenn man in weiteren Kreisen vom Schwarzwälder spricht, so ist es gewöhnlich der Bewohner dieser Gegend, den man darunter versteht. Die Häuser sind durchaus aus Holz gebaut, inwendig vertäfelt und mit Oelfarbe angestrichen und mit Schindel oder Strohdache bedeckt. Die Wohnstube, welche groß sein und viele Fenster haben muß, wird durch einen irdenen Ofen erwärmt, der gewöhnlich ein Viertel des Zimmers einnimmt und täglich nur einmal geheizt zu werden braucht. Um den Ofen zieht sich eine Bank und auf denselben führen gewöhnlich mehrere Stufen, weil sich Abend nach vollbrachter Arbeit die Bursche zu süßem Nichtstun darauf hinstrecken, während sich die Mädchen mit dem Spinnrade um den Ofen schaaren, indes der Großvater oder ein anderer aus der Familie den Lichtspan besorgt, da man hier selten Talglichter, sonder gewöhnlich nur Holzspäne brennt. Ueber dem Ofen führt eine Oeffnung in das zweite Stockwerk, gewöhnlich Schlafstätte der Kinder und des Gesindes. Die Häuser sind meistens so an Bergabhänge angebaut, daß das zweite Stockwerk als Scheune dient und Wagen darin untergebracht werden können. Um die Vorderseite des zweiten Stockes zieht sich gewöhnlich eine Laube. So unfruchtbar die Gegend ist, so wohlhabend sind doch die meisten Bewohner, welch mit Holz handeln und eine starken Viehstand halten, besonders aber die Schwarzwälder Uhrenfabrikation, welche in hiesiger Gegend vorzüglich stark betrieben wird, ist zu interessant, als daß eine nähere Darstellung derselben hier übergangen werden dürfte.

Bis zum Anfange des 17ten Jahrhunderts kannten die Schwarzwälder außer dem Bergbaue nur wenige Erwerbszweige, da in Haferbrot, Butter, Milch, Sauerkraut und Fleisch ihre Hauptnahrung bestand. Erst im Jahre 1683 ließ Abt Paul von St. Peter bei Neukirch eine Glashütte errichten. Einer der Glashändler brachte bald darauf aus der Fremde eine hölzerne Stundenuhr mit, welche der Schreiner Lorenz Frei, so wie Kreuz aus Waldau mit vieler Mühe nachmachten, und deshalb in der Umgegend Aufsehen erregten. Aber erst im anfange des 18ten Jahrhunderts gaben sich Simon Dilger von Urach, Johann Duffner und Franz Ketterer aus Schönwald und Mathias Löffler aus Gütenbach mit der Verfertigung von hölzernen Uhren ab, was jedoch blos Dilger und Ketterer fortsetzen. Eine solche Unruhuhr – wie man sie nannte – kostete damals 3 fl.; als aber dieselben häufiger verfertigt wurden, sank ihr Preis auf 50 kr. herab. Dieser erste Anfang war freilich noch roh und unbehülflich, bald aber vervollkommnete sich dieses Geschäft.

Zuerst erfand man bessere Instrumente, wie 1720 Mathias Löffler das Zahngeschirr, und Friedrich Dilger die Theilscheibe; und im Jahre 1730 verzierte schon Anton Ketterer seine Uhren mit einem beweglichen Kukuk, der die Stunden durch sein Rufen anzeigte. Größere Vervollkommnung erhielt die Uhrenfabrikation durch Friedrich Dilger, der in Paris sich viele Kenntnisse sammelte, und bessere Werkzeuge mitbrachte; er verzierte seine Uhren mit beweglichen Figuren aller Art; Franz Ketterer von Schönwald lieferte sodann eine Repertieruhr; und Kaspar Dorer brachte sogar den Lauf des Mondes und der 12 Himmelsgestirne darauf an. Seit 1740 machte die Uhrenfabrikation noch bedeutendere Fortschritte, besonders durch Georg Willmann aus Neustadt, der den Spindelbohrer erfand, und durch Friedrich Dilger, welcher statt der gläsernen Glöckchen, metallene einführte, und diese zuerst aus Solothurn, und dann aus Nürnberg bezog.

Anfangs bemalte man die Zifferblätter mühsam mit Tinte, Leinwasser oder Oelfarben, seit 1740 führte aber Matthias Grieshaber aus Gütenbach gedruckte Schilde ein, weshalb bald 3 Pressen in Gütenbach und 2 in Neukirch in Thätigkeit kamen. Seit 1750 brachten mehrere Uhrenhändler feinere Werkzeuge und Instrumente aus England mit, worauf die Uhren immer mehr vervollkommnet wurden; besonders lieferte Johann Cammerer aus Gütenbach vortreffliche Arbeiten, und Matthias Hummel verfertigte sogar eine Taschenuhr aus Buchsbaumholz. Bald benutzte man auch metallene Rädchen, und auch Matthias Faller im Fallgrund lieferte schöne Schnitzarbeiten für die Uhrenschilde.

Im Jahre 1760 begann Paulus Kreuz aus Waldau die Glocken selbst zu gießen, und lieferte mit seinen 2 Söhnen jährlich gegen 40000 Stück; bald entstanden solche Glockengießereien auch in Neustadt, Furtwangen und Neukirch. Im J. 1768 wurde von Joh. Wehrle im Simonswald die erste Spieluhr mit Glasglöckchen verfertigt, welcher Matthias Hummel tanzende Figuren beisetzte. Im J. 1770 lieferte Salamon Scherzinger von Furtwangen das erste musikalische Spielwerk mit Pfeifen, und legte dadurch den Grund zu einer neuen Quelle des Einkommens. Jetzt begann man auch die Uhrenschilde zu bemalen, was der sogenannte Dörfler Mathias aus der Rotwasserhütte mit bunten Oelfarben ausführte; Georg Gfell wandte aber 1775 schon Lack an, und im Jahr 1780 erfanden endlich Cajetan Keutzer von Furtwangen, Dionys Steyrer und Martin Körner von Eisenbach den trockenen Lack, womit der schon erwähnte Matthias Faller schönere und geschmackvollere Zeichnungen lieferte. Im Jahr 1780 verfertigte man Uhren die man nur alle 8 Tage aufzuziehen brauchte, und 10 Jahre später erfand man die kleinen Hänguhren, die gewöhnlich „zweimal Jockele“ genannt werden. Anfangs verfertigte ein Meister die ganze Uhr, jetzt aber theilten sich die Arbeiter nach den Haupttheilen der Uhr oder den verschiedenen Gattungen in einzelne Klassen, wie: Großuhrmacher, Kleinuhrmacher, Spieluhrenmacher, Schildmaler, Glockengießer, usw., wodurch mehr und wohlfeilere Uhren erzeugt wurden.

Von den damaligen 500 Uhrenmachermeistern wurden jährlich etwa 150.000 im Werthe von 450.000 fl. geliefert, von welchen eine sogenannte übersetzte Uhr 3 fl. 18 kr., eine Spieluhr 22 fl. bis 180 fl., und eine Thurmuhr 60 fl. kostete. Salomon Scherzinger lieferte aber schon eine Spieluhr mit Glockenspiel und Harfe füe 300 fl. – Die Instrumente wurden besonders durch den freiburger Professor Thadeus Rinderle sehr verbessert. – Im J. 1808 gab es im Amte Tryberg 375 Uhrenmacher, 36 Vorarbeiter, 76 Nebenarbeiter und 303 Uhrenhändler. Von sämmtlichern Uhrenmachern zählte man etwa 690, die jährlich 107.000 Stück Uhren zu einem Werthe von 322,000 fl. lieferten.

Die Kriege zu Anfang dieses Jahrhunderts (1800) hatten zwar den Uhrenhandel etwas gehemmt, doch wurde dafür die Fabrikation vervollkommnet. Besonders geschah dies in der Spieluhrenfabrikation, wofür die Chorherren zu St. Märgen, Jakob Eberhard und Phillip Weigel in St. Peter viel thaten. Der Regierungssekretär Eckhard in Donaueschingen übersetzte Pleyel’s, Haydn’s, Mozarts Kompositionen für die Spieluhrwerke, und nachdem auch die Kunst, die Noten auf die Walzen zu stechen und die Pfeifen ganz rein zu stimmen, erfunden war, lieferten Martin Blessing von Furtwangen und Matthias Siedle aus Gütenbach die schönsten Spieluhren.

Auch der Uhrenhandel entwickelte sich mit der Uhrenfabrikation. Die Glas- und Strohhuthändler verkauften Anfangs auch Uhren, später zogen aber die Uhrmacher selbst mit ihren Waaren ins Ausland, und durchwanderten das Breisgau, Schwaben und Sachsen. Als im Jahr 1720 Jakob Winterhalder nach Sachsen ging, brachte er Kanarienvögel zurück, und bald bildete sich in Gütenbach durch Josef Scherzinger und Franz Faller eine Uhren- und Vogelhändlergesellschaft, welche im J. 1770 in Magkraut, bei Eisenbach eine Niederlage errichtete. Später durchwanderten sie auch Frankreich, was, besonders Phillip Föhrenbach von Schönwald, Christian und Martin Grimm thaten. Im J. 1770 hatte sich der Uhrenhandel schon bis England, Irland, Schottland, Holland, Russland, Polen, Ungarn, Siebenbürgen, Italien, Spanien, Portugal, Dänemark, Schweden, Türkei, Aegypten, und Nord-Amerika verbreitet. Anfangs traten ihm freilich mancherlei Hindernisse entgegen, aber bald verschwanden diese, und der Gewinn wurde so bedeutend, daß die 5 Brüder Faller aus dem Schafhof Friedenweiler eine reinen Gewinn von 40.000 fl. aus iherm Uhrenhandel zogen. Einer derselben, Matthias Faller, erhielt 1779 vom Sultan einen Freibrief, in der ganzen Türkei mit Uhren zu handeln, und dehnte seinen Handel bis ins Innere von Asien aus. Anfangs wurde der Handel treu und redlich betrieben, und es fanden keine Veruntreuungen statt; aber bald gab es auch Abentheurer unter ihnen, die sich im Auslande niederließen und ihren Landsleuten den Eintritt in fremde Reiche versperrten. Auch wurden die Händler jetzt lockerer und verloren den Kredit, so daß man im Jahre 1806 eine Gesellschaftsordnung einzuführen suchte; diese ward aber blos von 35 Meistern, händlern und Speditoren unterschrieben, und wurde von den Uebrigen nicht angenommen. In neuerer Zeit sank der Handel mit Schwarzwälder Uhren noch mehr, da besonders in Frankreich die Einfuhr mit bedeutenden Abgaben belegt wurde.

 

So viel über die Geschichte dieses Industriezweiges und wir gehen nun über auf den gegenwärtigen Zustand. Hauptsitz dieser Industrie sind die Aemter Tryberg und Neustadt, in den Aemtern Hornberg, Villingen und Waldkirch wohnen nur etwa 80 bis 100 Meister zerstreut, weshalb wir hauptsächlich bei den zwei ersten Aemtern verweilen. Im J. 1838 zählte Tryberg in 11 Orten 11.958 Einwohner und Neustadt in 32 Orten 15.281 Einwohner, auf einem Flächenraume von 7 Meilen. In ersterem Amte gab es in allen 11 Ortschaften 668 Meister, worunter 61 Speditoren, im Amte Neustadt in 29 Gemeinden aber 545 Meister worunter 162 Uhrenhändler und Speditoren, was zusammen 1213 Meister mit etwa 4850 Gesellen und Lehrlingen, ausmacht; in ersterem blüht also mehr die Fabrikation, in letzterem der Handel; Hauptsitz dieser Fabrikation ist Furtwangen. In den einzelnen Gemeinden waren im J. 1838 folgende Meister:

 

1.) Amt Tryberg

            Furtwangen 184
            Gremmelsbach 6
            Gütenbach 101
            Neukirch 105
            Niederwasser 6
            Nussbach 52
            Rohrbach 30
            Rohrhardsberg 1
            Schönwald 117
            Schonach 32
            Tryberg 31

 

2.) Amt Neustadt

Altglashütte 16
Bärenthal 7
Berg 6
Bregenbach 1
Dittishausen 1
Eisenbach 50
Falkau 23
Fischbach 4
Friedenweiler 8
Göschweiler 3
Grünwald 1
Hinterhäuser1
Kappel 35
Langenbach 15
Langenordnach 6
Linach 13
Löffingen 6
Neuglashütte 2
Neustadt 91
Oberlenzkirch 33
Raithebuch 7
Röthenbach 30
Rudenberg 22
Saig 12
Schönenbach 26
Schollach 18
Schwärzenbach 18
Schwende 1
Unterlenzkirch 23
Urach 24
Vierthäler 16
Vöhrenbach 26

 

Diese Industrie sondert sich in 2 Hauptklassen, nämlich in die Manufaktur und den Handel, der Händler hat den Fabrikanten ganz in seiner Hand, und vermag den Preis herabzudrücken oder zu erhöhen, weil ihm die ferne Konkurrenz dabei sehr zu Hülfe kommt. Die Uhrmacherei sondert sich wieder in einzelne, für sich bestehende Zweige ab, nämlich in 9 Klassen, welche sind:

  1. der Brettmacher und Schilddreher
  2. der Schildmacher
  3. der Uhrenglocken und Rädergießer
  4. der Tonfedermacher
  5. der Kettenmacher
  6. der Uhrengestellmacher
  7. der Uhrenräderdreher
  8. der Uhrenmacher
  9. der Verfertiger der Uhrenmacherwerkzeuge

 

Abgesondert ist von der Uhrenmanufaktur die Fabrikation musikalischer Spielwerke. Diese Trennung der einzelnen Zweige bewirkte, daß die Arbeiter größere Fertigkeit erlangten, und durch schnellere Produktion auch die Preise erniedrigt werden konnten; denn die große Konkurrenz, sowie andere Umstände machten Letzteres zur Nothwendigkeit, wenn nicht der ganze Industriezweig zu Grunde gehen sollte. Den größten Gewinn ziehen die Händler aus dieser Industrie, während die Uhrmacher selbst nur ein mäßiges Einkommen haben, das ihnen dagegen sicher ist. Die Schwarzwälder müssen aber dabei sehr fleißig sein, und von Morgens 5 Uhr bis Abends 9 Uhr arbeiten. Sonntags dagegen strömt Alles nach dem Wirthshause, wo alle Geschäfte abgemacht werden, und man die Leute oft in mehreren Sprachen, wie englisch, französisch und italienisch reden hören kann. Der Staat legte diesem Industriezweige keinen Zwang auf, auch sind die Gewerbsleute nur mäßig besteuert. Das Steuerkapital beträgt für einen Schildbrettmacher, Schildmaler, Räderdreher, Kettenmacher, Uhrenmacher, und Spediteur 625 fl., für einen Gestellmacher 500 fl. und für einen Glockengießer 875 fl. Von 100 fl. zahlt ein Gewerbsmann 23 kr. und für die Gesellen 1/5 desselben. Durch Errichtung von Gewerbsschulen werden jetzt auch mehr Kenntnisse verbreitet, und es ist zu hoffen, daß durch Erhöhung der äußern Eleganz diese Waaren auch bei höheren Ständen Eingang und somit ein neues Feld für den Absatz finden werden. – Wir wollen nun kurz die Uhrenfabrikation in ihren einzelnen Theilen betrachten:

  1. Schildbrettmacher und Dreher. Die Schildbretter werden aus Tannenholz gemacht und vom Dreher fertig gearbeitet; zu letzterem bestehen in Furtwangen zwei Drehmaschinen mit Wasserkraft, womit täglich 250 Stück gefertigt werden, während die gewöhnliche Handmaschine nur 75 Stück liefert. Ein Meister kann mit einem Gesellen und Lehrlingen jährlich 78.000 Uhrenschilde verfertigen, wofür er etwa 3900 fl. einnimmt, und dazu 43,3 Tannenstämme braucht; rechnet man nun die Auslagen ab, so kommt ein jährlicher Ertrag von etwa 1454 fl. heraus; doch producirt ein Meister jährlich nur etwa 47.000 Schilde. Die Zahl der Schilddreher beträgt 11, welche aus 288,8 Tannenstämmen jährlich etwa 520.000 Uhrenschilde, im Werthe von 34.666 fl. liefern.
  2. Schildmaler. Diese überziehen die Uhrenschilde mit weißer Grundfarbe, zeichnen die Ziffern darauf und bemalen den übrigen Raum mit Blumen u. dgl. Gewöhnlich sind diese Malereien schlecht, doch lieferten Adolph Brunner, Zeichenlehrer in Neustadt, Rimbrecht, Zeichenlehrer in Tryberg, so wie Placidus, Apollo und Romulus Kreuzer in Furtwangen und Heine in Neustadt schon sehr schöne und künstlerisch ausgeführte Uhrenschilde. In beiden Aemtern wohnen 139 Schildmaler, nämlich 75 in Tryberg und 64 in Neustadt. Im einem Jahre liefert ein Schildmaler etwa 1800 Stück, sämmtliche Maler etwa 520.400 Stück, welche einen Werth von etwa 316.900 fl. haben; dabei bleibt einem Meister ein reiner Ertrag von etwa 1300 fl., wenn er mit 2 Gesellen und 2 Lehrlingen arbeitet.
  3. Uhrenglocken- und Rädergießer, Gießhütten sind in Furtwangen 4, Gütenbach 2, Neukirch 3, Neustadt 2, Röthenbach 1, Schönwald 1, Tryberg 2, Vierthäler 3 und Vöhrenbach 1. Die Komposition für Glocken besteht aus 3 Theilen Kupfer u. 1 Theil englischen Zinn, die für Räder aus 1 theil Kupfer und 1 Theil Zink. Auf jeder Gießhütte sind durchschnittlich 3 Mann, welche jährlich 100 Centner Metall verarbeiten, die einen Werth von 10.000 fl. erhalten, wovon etwa 5100 fl. nach Abzug des Materials übrig bleiben.
  4. Tonfedernmacher. Die spiralförmigen, stählernen Tonfedern werden erst seit neuerer Zeit hier verfertigt. Die besten Federn liefert Kuenz in Friesenheim, nach ihm kommt Schwer in Tryberg, welcher mit 4 Arbeitern jährlich etwa 12.000 – 14.000 Stück à 15 bis 18 kr. liefert.
  5. Kettenmacher. Statt der Schnüre als Träger der gewichte hat man jetzt messingene und eiserne Ketten, wovon ein arbeiter täglich etwa 8 – 10 Paar verfertigt. Augustin Kienzler von tryberg erfand 1839 eine Maschine zur Verfertigung der Ketten, ebenso soll Felix Faller aus Spitzenwald eine Maschine zur Verfertigung von Uhrengewichtketten Baucanson’scher Art erfunden haben.
  6. Uhrengestellmacher. Diese gestelle werden von Buchenholz gemacht; 69 Meister (50 in Tryberg und 19 in Neustadt) verarbeiten jährlich 550 Buchenstämme, im Werthe von 11.000 fl., dazu; ein Meister liefert jährlich mit 2 Gesellen und 2 Lehrlingen 7290 Stück, könnte aber 11,850 Stück verarbeiten, die 1778 fl. Werth haben, und wovon ihm 1120 fl. reiner Ertrag bleiben würden.
  7. Uhrenräderdreher. Diese, deren es 31 in Tryberg und 2 in Neustadt gibt, drehen die gegossenen Räder und Glocken rund und glatt.
  8. Holzuhrenmacher. Diese setzen die Uhren zusammen und regulieren sie. Es gibt deren in Tryberg 429, in Neustadt 265. man hat eine große Mannigfaltigkeit und Abwechslung in der Größe , Form und Mechanik der Uhrenwerke, weshalb wir über deren Eintheilung folgenden Überblick geben: Alle Uhren sind nämlich entweder I. Gehuhren, d.h. ohne Schlagwerk, oder II. Schlaguhren, welche man wieder eintheilt in a) Stundenuhren b) Halbstundenuhren und c) Viertelstundenuhren. Die Schlag- und Gehuhren theilt man wieder ein in 1) Große mit lackiertem Zifferblatt, a) 12stündig, b) 24stündig, c) 8Tag-Uhren, d) Figurenuhren und e) ordinäre Spieluhren; 2) Kleine, mit Emaillezifferblatt, a) 24stündige und b) 8Tag-Uhren. Die wichtigsten Werkzeuge der Arbeiter sind das Räderschneidezeug, die Zähnwalzmaschine, die Spindelbohrer, der Einstellzirkel und dgl. Die Instrumente usw. eines Uhrenmachers haben einen Werth von 200 – 500 fl. und auf einen Meister kommen gewöhnlich 2 gesellen und 2 Lehrlinge. Derselbe liefert etwa 702 Stück Uhren, alle 694 Uhrenmacher also 487.188 Uhren, wovon 301.158 Stück auf Tryberg und 186.030 auf Neustadt kommen. Es macht ein Arbeiter wöchentlich 4 ½ bis 5 Stück Uhren, wonach ein Meister jährlich für 1872 fl. Uhren fabricirt, wobei etwa 660 fl. reiner Ertrag sind.

 

Die Hauptländer, auf welche der Uhrenhandel sich erstreckt, sind England, Frankreich, Nordamerika, Preußen, Sachsen, Rußland, Hannover, Belgien, und Bayern, am meisten aber England, Frankreich, und Nordamerika. Im Jahre 1838 begann auch wieder der Handel nach Ostindien. Der Verkauf der Uhren wird besorgt durch Spediteure, und die Händler, welche ihre Waaren blos von den Spediteuren erhalten. In J. 1838 waren in Dublin 22 und in London sogar 230 Uhrenhändler aus dem Schwarzwald. Die Hauptstapelplätze der Ausfuhr sind: Tryberg, Furtwangen, Lenzkirch, und Neustadt, von wo wöchentlich ein Wagen mit Uhren nach Straßburg abgeht. Die Hauptagenten außerhalb des Schwarzwaldes sind: Johann Witt in Straßburg, Ch. Kißling in Kehl, J. L. Fink in Frankfurt und Kindvatter in Ulm. Ueberblicken wir diese ganze Industrie, so werden jährlich etwa 537.333 Stück Uhren, im Werthe von 1.612.000 fl. verfertigt und ausgeführt. Der Handel im Ausland wird durch Einzelne und durch ganze Gesellschaften betrieben, letztere dingen Knechte, welche im ersten jahr nebst freier Kost 60 – 100 fl., im zweiten Jahre 200 fl. und im dritten Jahr 300 fl. erhalten, worauf sie, wenn sie sich als redlich bewährten, als Mitglied in die Gesellschaft eintreten; mit Jahresschluß legt jeder Rechnung ab. In bedeutenden Städten haben sie Niederlagen, und ziehen dann in der Gegend umher. Nach dem Steuerkataster gab es im Jahr 1838 im Amte

  

   Tryberg  Neustadt
Holzuhrenmacher   429  265
Glocken und Rädergießer  12  7
Gestellmacher   50   19 
Schlidbrettmacher   4   13 
Schildmaler   75   64 
Uhrenräderdreher   31   2 
Uhrenkettenmacher  4    1 
Uhrenzeigermacher  2    
Spediteure   62   162 

Im Amte Neustadt zählte man 12 Spieluhrenmacher.

 

An die Fabrikation dieser Uhren schließt sich die der größeren musikalischen Spielwerke an, womit lauter talentvolle, mit den Gesetzen der Mechanik und Akustik vertraute und musikalisch gebildete Männer beschäftigt sind. Es wird damit nicht nur der Effekt der verschiedenen Blasinstrumente, wie Flöte, Oboe, Fagott, Horn, Trompete usw. erzeugt, sondern auch jede Abstufung und Nüancirung des Tones erreicht. Diese Kunstwerke sind gewöhnlich in Gestalt eleganter Armoirs aufgestellt. Die zahl solcher mechanischer Werkstätten beträgt 6, nämlich die von Martin Blessing in Furtwangen, Konstantin Blessing in Langenbach, Jakob und Johann Blessing in Kirnach, Schöpperle in Lenzkirch, Duffner in Tryberg, Gebrüder Hock in Schonach und Welte in Vöhrenbach. Der berühmteste derselben ist Martin Blessing, der vor einigen Jahren ein Spielwerk für 15.000 fl. nach England lieferte, welches große Symphonien und Ouvertüren spielte, und wie eine Orgel gehandhabt werden konnte. Ausgezeichnet sind ferner Schöpperle und Duffner, von welchen der letztere 1838 ein schönes Musikwerk, unter dem Namen Panorchestrion, nach Amerika verkaufte. Die Brüder Blessing lieferten in neuester Zeit auch ein Spielwerk für 12.000 fl. nach Odessa. Die Preise solcher Werke sind verschieden, und steigen von 500 fl. bis 15.000, es gibt aber auch kleinere für 42 – 144 fl. Will man ein neues Musikstück haben, so darf man sich nur eine neue Walze von 4 – 6 Louisdor dafür machen lassen, denn die Fabrikanten sind stehts im Besitze der Partituren der neuesten und beliebtesten Musikstücke.